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Stellt Euch vor

Es ist Freitag und Ihr hattet eine anstrengende Woche. Eigentlich wollt Ihr nur noch ins Bett, aber Eure Freunde versuchen Euch zu überzeugen – ja regelrecht zu drängen – mit in den Club zu kommen.

Ihr wisst, falls Ihr mitgeht, wird das Wochenende im Eimer sein. Vielleicht wolltet Ihr Euch endlich mal wieder ein gutes Buch vornehmen, echte Quality-Time mit Eurer Familie verbringen oder Euch gar für den Fernstudiengang einschreiben.

Aber der Club gehört zu den angesagtesten und Eure Freunde haben Euch auf die Gästeliste bekommen!

Es ist aber auch schon wieder Monatsende und Euer Kontostand lässt eine solche Sause eigentlich nicht zu. Da fällt Euch ein, Ihr schuldet Eurer Freundin sowieso noch 50€ von letzter Woche.

Aber Party mit Euren Freunden ist IMMER großartig!

Was macht Ihr?

Zugegeben, das ist ein ziemlich banales Beispiel. Aber ich denke, es zeigt recht nachvollziehbar, wie unterschiedliche Einflüsse, zu denen wir Stellung beziehen müssen, auf uns wirken. Entscheiden wir uns für unsere Freunde und damit mehr oder minder gegen unser körperliches und finanzielles Wohlergehen? Oder sparen wir uns den Kopfschmerz, stoßen damit aber auch unsere Freunde vor den Kopf?

Mein Eindruck ist, dass es uns zunehmend schwer fällt, uns unseren Bedürfnissen klar zu werden und sie zu vermitteln und damit Verantwortung für uns selbst zu übernehmen. Wir fühlen uns hin und her gerissen von den diversen inneren und äußeren Referenzen, denen wir meinen, gerecht werden zu müssen. Dabei sollte es uns doch eigentlich leicht fallen, uns für uns zu entscheiden, oder?

Das Thema „Verantwortung für sich selbst übernehmen“ beschäftigt mich schon seit Längerem. In meinen Fokus ist das Thema schließlich durch die Lektüre der Neuen Narrative (Heft #5) gerückt. Dort geht es schwerpunktmäßig um Verantwortung im Kontext der Arbeit, der Wirtschaft und der Umwelt. Ich möchte mich hier der Verantwortung widmen, die wir für uns selbst übernehmen (sollten).

Wie Verantwortung nicht aussieht

Eine Ausprägung des „nicht-Verantwortung-für-sich-übernehmens“ ist die Verwendung des unspezifischen Pronomens „man“ in Verbindung mit dem Konjunktiv: „Man könnte ja …“. Zugegeben, ich habe mich dieser Unart selbst lange bedient, um meine Wünsche oder Meinungen verkappt zu äußern. Aber wen interessiert, was „man“ machen „könnte“? Hilft uns das weiter?

Eine weitere Art, keine Verantwortung für sich zu übernehmen, sehe ich darin, nicht entscheidungswillig zu sein. Die Entscheidung und damit auch die Verantwortung wird an jemand anderen abgegeben. Natürlich kann einem mal etwas egal sein und dann will und sollte man natürlich nicht entscheiden. Wenn das aber die Regel ist, macht das schon stutzig.

Aber warum ist das so? Warum übernehmen wir keine Verantwortung für uns selbst? Sind wir uns unsicher mit dem, was uns wichtig ist und wofür wir stehen? Oder wollen wir nicht auffallen?

Was es braucht, Verantwortung für uns selbst zu übernehmen

Diese Fragen haben mich selbst sehr lange beschäftigt, denn, wie oben schon angedeutet, habe ich den größeren Teil meines Lebens keine Verantwortung für mich übernommen. Es stellte sich heraus, dass ich überhaupt keine Vorstellung davon hatte, was mir wichtig ist, was ich anstrebe und wofür ich stehe. Daher war es für mich natürlich auch angenehmer, nicht aufzufallen.

Betrachten wir das etwas genauer, bekommen wir auch eine Idee davon, was wir brauchen, um Verantwortung für uns selbst übernehmen zu können: Wir brauchen eine klare Vorstellung von unseren Bedürfnissen und Werten und je nach Kontext auch von unseren Zielen. Sprich, wir müssen uns klar darüber werden, was uns wirklich wirklich wichtig ist. Was uns wichtig ist, dient uns als Wegweiser für unsere Entscheidungen und als Grundlage dafür, Verantwortung für uns selbst zu übernehmen.

Wie so oft lässt sich das sehr leicht runter schreiben. Die Umsetzung ist aber ein ganz anderes Thema. So merke ich bis heute, dass es mir in bestimmten Situationen schwer fällt, eine klare Stellung zu beziehen, da ich Sorge habe, anzuecken. Hier hilft die Fähigkeit, einen Schritt zurück treten zu können und sich auf all das zu besinnen, wofür wir uns bewusst entschieden haben. Denn…

Was es bedeutet, Verantwortung für uns selbst zu übernehmen

… eine klare Vorstellung von unseren Bedürfnissen, Werten und Zielen zu haben und dafür einzustehen, gibt uns eine schärfere Kontur. Es sind diese Aspekte, die uns als Person definieren und also aus einer verschwommenen Silhouette eine klar erkennbare Persönlichkeit machen. So ist es dann auch unumgänglich, dass da mal jemand aneckt. Verantwortung für uns übernehmen heißt nun mal, Entscheidungen im Sinne unserer Bedürfnisse, Werte und Ziele zu treffen und dann aber auch Verantwortung für die Entscheidung selbst zu übernehmen. Nicht jeder wird mit unserer Ansichten konform gehen, das ist vollkommen normal und daran ist nichts auszusetzen (denn in dem Moment übernimmt die andere Person lediglich Verantwortung für sich). Entscheidend ist, wie wir unter solchen Umständen reagieren. Ändern wir fix unseren Kurs und gliedern uns ein? Ich hoffe nicht, denn auch bei Gegenwind sollten wir mit unserem Denken und mit unseren Worten und Taten für das einstehen, was uns wichtig ist.

All das bedeutet aber nicht, dass wir zu egozentrischen Narzissten werden – das entspräche dem anderen Extrem. Es geht darum, eine Balance zu finden einerseits zwischen einem Bewusstsein dafür und Überzeugung davon, was uns wichtig ist und andererseits einer Offenheit, auch weiterhin darüber nachzudenken und zu reflektieren. Denn die Verantwortung für uns selbst zu übernehmen bedeutet auch, uns nicht in allzu starren und unreflektierten Mustern zu verlieren.

Die Folgen

Wenn wir es schaffen, eine klare Vorstellung von dem zu haben, was uns wichtig ist und uns eine balancierte Haltung zu bewahren, haben wir die Voraussetzung geschaffen, Verantwortung für uns zu übernehmen und selbst wirksam zu werden.

Selbstwirksamkeit ist gelebte Verantwortung für uns selbst.

Schaffen wir uns also Klarheit über unsere Bedürfnisse, Werte und Ziele, schärfen unser Bewusstsein dafür und vor allem, stehen wir für sie ein.

Lasst uns Verantwortung übernehmen!

Gedanken dazu? Teile sie mit mir. Ich freue mich immer über Kommentare, E-Mails und was nicht alles.

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